Kulturpreisträger 2023
Großer Sudetendeutscher Kulturpreis: Johannes Probst
Der 1960 in München geborene Architekt Johannes Probst erhält den Großen Sudetendeutschen Kulturpreis. Als Teil einer künstlerischen Familie entschied er sich nach dem Abitur für ein Studium der Architektur, arbeitete anschließend im Büro von Professor Paolo Nestler, der unter anderem für die Neugestaltung verschiedener U-Bahnhöfe in München oder die Innengestaltung des Hypo-Haues verantwortlich zeichnet.
Bereits mit 28 Jahren wagt er sich in die Selbständigkeit und hat seitdem zahlreiche Erfolge vorzuweisen, so unter anderem das Ensemble Theaterplatz in Chemnitz, das er nach dem Gewinn des Architekturwettbewerbs realisierte, ebenso das Ausstellungsgebäude MAN Truck und Bus Forum in München-Karlsfeld oder das Sudetendeutsche Museum.
Zusammen mit seinem Bruder entwarf und baute er zwei Stadthäuser in München, bei denen ein Teil der Wohnfläche unter der Erboberfläche liegt und über die die „Süddeutsche Zeitung“ unter dem Titel „Beletage im Keller“ schrieb: „Mit den Baukosten von 350.000 Euro pro Stadthaus haben Johannes und Markus Probst eine lebenswerte Alternative gebaut zu den geklonten Reihen- und Doppelhäusern, die sonst so typisch sind für flächensparende Nachverdichtung im engsten Stadtraum.“
Kulturpreis für Bildende Kunst und Architektur: Dr. Heike Schwarz
Dr. Heike Schwarz hat Amerikanistik, Politik, Praktische Philosophie und Ethik, Staats- und Völkerrecht studiert und ist mit der Arbeit „Beware of the Other Side(s): Multiple Personality Disorder in American Fiction“ promoviert worden. Am Beispiel Amerika greift sie die Themen Heimat, Neuanfang, Hoffnung, Selbstfindung und Identität auf.
Neben ihrer Vollzeittätigkeit als Führungskraft für einen Fachverlag ist sie Gastprofessorin an der University of Galway und der University of Pittsburgh und ist an den Lehrstühlen Komparatistik und Amerikanistik an der Universität Augsburg Lehrbeauftragte.
Die Arbeitsweise der Künstlerin zeigt intensiv eine Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft, ohne dass die künstlerischen Produkte gefahrlaufen würden, Illustrationen ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu sein. In ihrer narrativen Kunst wirft sie Fragen wie „Was ist das Selbst?“, „Wer bin ich?“, „Wie viele bin ich?“ auf. War früher das Bekenntnis zu einer, mitunter vorgegebenen Identität vorherrschend, wird gegenüber dieser Eindimensionalität in der Psychologie von heute das Annehmen einer mehrdimensionalen Identität hervorgehoben.
Von den Ausstellungen im Jahr 2022 seien vor allem genannt CONNECTED „Der Sündenfall“, eine Installation mit Fotografien in der Kunsthalle Augsburg, „Drucksymposion 2022“, eine Ausstellung mit Radierungen, ebenfalls in der Kunsthalle Augsburg oder „Kreaturen“ mit Christina Weber im Rathaus Neusäß mit Fotografie, Ölmalerei, Zeichnung und Radierung.
Kulturpreis für Literatur und Publizistik: Tina Stroheker
Die Empfängerin des Kulturpreises für Literatur, Tina Stroheker, machte mit einigen ihrer Arbeiten den bereits in Vergessenheit geratenen böhmischen Schriftsteller Josef Mühlberger (1903–1985) wieder allgemein bekannt. Nach der erzwungenen Ausreise 1946 lebte er in Eislingen, wo ihn Stroheker auch kennenlernte. Nach seinem Tod hat sie 1995 die Eislinger Mühlberger-Tage initiiert und diese zwanzig Jahre kuratiert. Sie haben eine internationale und vielschichtige Auseinandersetzung mit Josef Mühlberger, seinem Werk und der Kultur in Böhmen und Mähren angestoßen. Strohekers 2003 erschienenes Buch „Vermessung einer Distanz“ ist ein Erfahrungsbericht über Begegnungen mit dem Schriftsteller. Es gibt, so stellt sie fest, eine verbindende Welt des Geistes über die Grenzen von Sprachen, Kulturen und Generationen. Für ihre Verdienste um den Schriftsteller erhielt sie 2003 den „Josef-Mühlberger-Preis“. Immer wieder hat Tina Stroheker in der Tschechischen Republik an Schulen, Universitäten und in Kulturhäusern Lesungen und Vorträge gehalten.
2021 erschien ein neues Buch, das in vielfältiger Weise die deutsch-tschechischen Beziehungen widerspiegelt, und zwar vermittelt über das bewegende Portrait der Germanistin Hana Jüptnerová (1952–2019), einer mutigen tschechischen Dissidentin und Christin, Brückenbauerin zwischen Sudetendeutschen und Tschechen, mit der Tina Stroheker seit der ersten Mühlberger-Konferenz in dessen Heimatstadt Trautenau (2015) eng befreundet gewesen ist: „Hana oder Das böhmische Geschenk. Ein Album“.
Tina Stroheker gehört zu den anerkannten deutschen Autorinnen der älteren Generation. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen und ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.
Sudetendeutscher Kulturpreis für Volkstumspflege: „Mauke – Die Band“
Gegründet wurde „Mauke – Die Band“ im Jahre 2006, das erste Konzert fand im Sudhaus im Rahmen der Kaufbeurer Kulturwoche statt. Zu diesem Zeitpunkt war weder den Musikern noch den Besuchern klar, welcher Stein damit ins Rollen gebracht wurde. Dennoch entschied man sich bei der Wahl des Bandnamens für einen typisch paurischen Begriff. Mauke steht für Brei, also eine Vermischung von Dingen. Mauke – die Band ist keine klassische Mundartband, sondern viel mehr. Die Vermischung von Musik mit paurischen Texten und Kabarett ist in dieser Form einzigartig.
Die Band besteht aus dem Frontmann und Multiinstrumentalisten Wolfgang Klemm, Schlagzeuger und Mundartdichter Michael O. Siegmund, Gitarrist Herbert Stumpe, Sven Siegmund am Piano, Björn Siegmund zur stimmlichen Begleitung und Dieter Schaurich am Bass.
Aus gelegentlichen Konzerten in den Anfangsjahren, zum Beispiel im Sudhaus Neugablonz oder Gasthaus Hirsch in Obergermaringen, wurden größere Auftritte mit immer mehr Publikum. Als Durchbruch wird der Auftritt im Rahmen der „ARTigen Samstage“ am 1. August 2009 gesehen, als Hunderte von zugereisten Noppern (paurisch für Nachbarn oder Neugablonzer) den Obstmarkt und die umliegenden Gässchen füllten, um Mauke zu sehen, zu hören und zu unterstützen. Mauke setzt sich in besonderer Art und Weise für den Erhalt der Gablonzer Lebensart ein und bringt mit ihren immer wieder neuen Programmen die Gablonzer Mundart unter die Leute. Dafür wurde sie 2013 mit dem Kaufbeurer Kulturpreis und 2019 dem Dialektpreis Bayern ausgezeichnet.